von RA Dr. Stefan Rinke | 04.04.2023
Bei einer digitalen Aktenführung kann die Durchsuchbarkeit von Dokumenten zur Grundlage von Legal Tech und KI-Anwendungen werden.
Die Durchsuchbarkeit von Dokumenten war zur Einführung des beA lange Zeit als gesetzliche Pflicht konzipiert, soweit über das beA mit den Gerichten kommuniziert wird. Mit Einführung der aktiven Nutzungspflicht wurde jedoch auf eine Pflicht zu Durchsuchbarmachung von Dokumenten verzichtet und die ERVV entsprechend angepasst. Damit wird das Thema der Texterkennung nicht verknüpft mit der wirksamen Einreichung von Schriftsätzen und deren Anhängen und es bleibt der Blick für die eigentliche Bedeutung des Ganzen: Texterkannte Dokumente sind die Voraussetzung dafür, dass die Inhalte der Dokumente verarbeitet werden können. Was in Papierform nur dem Betrachter vorbehalten ist, kann digital noch umfassender genutzt werden.
Zum Hintergrund: Texterkennung von Dokumenten – auch bekannt als Optical Character Recognition (OCR) – bedeutet, gedruckte oder handschriftliche Textzeichen in digitalen Dokumenten, wie z. B. gescannten Papieren oder Bildern, zu erkennen, extrahieren und in editierbaren und durchsuchbaren digitalen Text umzuwandeln. Dafür werden OCR-fähige Geräte oder entsprechende Software – wie etwa die IPA-Suite – eingesetzt. Ein texterkanntes Dokument ist demnach ein elektronisches Dokument, das aus einem ursprünglich gedruckten oder handschriftlichen Dokument mittels OCR-Technik erstellt oder überarbeitet wurde.
Mit texterkannten Dokumenten kann etwa eine Volltextsuche eine starke Methode sein, um in der gewünschten Menge die passenden Passagen zu finden, was in der Papierwelt so nicht abbildbar wäre. Darüber hinaus können texterkannte Dokumente als Grundlage dafür dienen, mit den Inhalten zu arbeiten und ohne Medienbruch für neue Dokumente zu verwenden. Im Zusammenspiel mit zum Beispiel juristischen Recherchediensten, Textbaustein-Verwaltung usw. ergibt sich so ein medienbruchfreies Arbeiten.
Darüber hinaus können texterkannte Dokumente auch in Verbindung mit KI-Anwendungen gebracht werden. Soweit datenschutzrelevante Informationen herausgenommen werden, kann so etwa ein Gutachten oder Sachverhalt zusammengefasst werden oder etwa ein Vertrag analysiert und bearbeitet werden. Auch fremdsprachliche Hürden sind mit KI-Sprachmodellen leicht zu nehmen, was in vielen Konstellationen nützlich sein kann. Unter dem Motto „was den ‚Praktikanten‘ dennoch super macht“ kann konstatiert werden, dass bei passender Einbindung in die Kanzleiabläufe die anwaltlichen Arbeitsabläufe schon jetzt unterstützt werden können. Die digitale Aktenführung mit durchsuchbaren Dokumenten ist damit die Grundlage für die Einbindung neuer KI-Anwendungen, die sich leicht und für jede Kanzleigröße einbinden lassen.