von RA Manuel Roderer | 13.03.2025
EuGH stärkt Verbraucherrechte: Unternehmen müssen Bonitätsbewertungen transparenter machen und umfassendere Auskunft über Scoring-Verfahren geben.
Mit Urteil vom 27. Februar 2025 (C-203/22) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Transparenzpflichten bei automatisierten Bonitätsbewertungen gestärkt. Im Zentrum der Entscheidung steht die Frage, in welchem Umfang Unternehmen Erklärungen zu den verwendeten Scoring-Verfahren geben müssen, um Verbraucherinnen und Verbrauchern eine bessere Nachvollziehbarkeit zu ermöglichen.
Die Klage wurde von einer Verbraucherin erhoben, die von einem Mobilfunkanbieter aufgrund eines negativen Bonitätsscores abgelehnt wurde. Der Score wurde von einem externen Anbieter (Dun & Bradstreet Austria GmbH) erstellt, ohne dass der Betroffenen ausreichend erklärt wurde, wie die Bewertung zustande gekommen war. Das Verwaltungsgericht Wien legte die Angelegenheit dem EuGH vor, nachdem nationale Instanzen bereits festgestellt hatten, dass ein Recht auf umfangreichere Informationen bestehe.
Der EuGH entschied, dass Unternehmen nach Art. 15 Abs. 1 Buchst. h DSGVO detaillierte und verständliche Informationen zur Logik von Scoring-Algorithmen bereitstellen müssen. Allgemeine Berechnungsgrundlagen oder mathematische Formeln seien nicht ausreichend. Vielmehr müssten Verbraucher nachvollziehen können, welche Faktoren konkret ihren individuellen Score beeinflusst haben und welche Auswirkungen Änderungen bestimmter Parameter auf das Ergebnis gehabt hätten. Darüber hinaus stellte das Gericht klar, dass sich Unternehmen nicht pauschal auf den Schutz von Geschäftsgeheimnissen berufen dürfen, um Auskunftsersuchen zu verweigern. Falls bestimmte Informationen tatsächlich unter den Schutz von Geschäftsgeheimnissen fallen, müsse eine Abwägung durch Gerichte oder Aufsichtsbehörden erfolgen, um Verbraucherrechte angemessen zu schützen.
Die Entscheidung hat erhebliche Auswirkungen auf Unternehmen, die Bonitätsbewertungen vornehmen. Anbieter von Scoring-Verfahren müssen ihre Informationspflichten ausweiten und sicherstellen, dass Betroffene die Bewertung nachvollziehen können. Das bedeutet insbesondere eine detailliertere Offenlegung der verwendeten Faktoren und deren Einfluss auf das Scoring-Ergebnis.
Für Verbraucherinnen und Verbraucher verbessert sich dadurch die Möglichkeit, gegen fehlerhafte oder intransparente Bonitätsbewertungen vorzugehen.
Das EuGH-Urteil sendet ein klares Signal für mehr Transparenz und Verbraucherschutz. Unternehmen müssen ihre Prozesse anpassen und Scoring-Modelle verstärkt offenlegen. Die Entscheidung bestärkt die Rechte der Verbraucher und setzt neue Anforderungen für automatisierte Entscheidungsprozesse.
RA-MICRO unterstützt Kanzleien mit umfassenden Recherchemöglichkeiten zur Bonitätsprüfung. Unsere Online-Services ermöglichen eine effiziente und rechtssichere Bonitätsbewertung. Weitere Informationen finden Sie unter: