Menu
RA-MICRO Logo

BAG: Probezeit darf nicht die gesamte Dauer des Arbeitsvertrags umfassen

von Syndikusrechtsanwalt Carsten Gondolatsch | 18.03.2025

Erfahren Sie, was das für befristete Arbeitsverträge bedeutet!

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seinem Urteil vom 5. Dezember 2024 (2 AZR 275/23) klargestellt, dass eine Probezeit, die die gesamte Dauer eines befristeten Arbeitsvertrags umfasst, unverhältnismäßig und damit unzulässig ist.  

Hintergrund des Falls

Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der auf Grundlage eines befristeten Arbeitsvertrags als Serviceberater/Kfz-Meister in einem Autohaus angestellt war. Der Vertrag lief vom 1. September 2022 bis zum 28. Februar 2023 und enthielt eine sechsmonatige Probezeit, die exakt der gesamten Befristungsdauer entsprach. Während dieser Probezeit war eine Kündigung mit einer Frist von zwei Wochen möglich.

Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis am 28. Oktober 2022 mit Wirkung zum 11. November 2022. Der Arbeitnehmer wehrte sich gegen die Kündigung mit der Begründung, dass die Regelung zur Probezeit im Vertrag nicht wirksam sei und die Kündigung daher nicht mit der verkürzten Probezeitfrist erfolgen konnte.

Entscheidung des BAG

Das BAG entschied, dass eine Probezeit, die der gesamten Befristungsdauer entspricht, gegen § 15 Abs. 3 des Teilzeit- und Befristungsgesetzes (TzBfG) verstößt. Demnach muss eine vereinbarte Probezeit im Verhältnis zur erwarteten Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen.

Die Richter stellten klar, dass eine Probezeit, die die gesamte Laufzeit eines befristeten Vertrags umfasst, den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligt. Die gesetzliche Intention einer Probezeit besteht darin, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer sich innerhalb eines angemessenen Zeitraums erproben können. Wird die gesamte Vertragslaufzeit als Probezeit definiert, bleibt der Arbeitnehmer während der gesamten Beschäftigung in Unsicherheit über die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses. Dies widerspricht sowohl nationalem als auch europäischem Recht, insbesondere der Richtlinie (EU) 2019/1152 über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen.

Folgen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer

Das Urteil hat weitreichende Konsequenzen für die Gestaltung befristeter Arbeitsverträge:

1. Verhältnismäßigkeit beachten: Arbeitgeber müssen sicherstellen, dass die vereinbarte Probezeit in einem angemessenen Verhältnis zur Befristungsdauer steht. Das bedeutet, dass bei kurzen Befristungen die Probezeit deutlich kürzer als sechs Monate bemessen sein muss.

2. Unzulässige Kündigungsfristen: Wenn eine unzulässig lange Probezeit vereinbart wurde, können Arbeitgeber sich nicht auf die verkürzte Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 3 BGB berufen. In diesem Fall gilt die reguläre Kündigungsfrist nach § 622 Abs. 1 BGB (vier Wochen zum 15. oder zum Monatsende).

3. Mehr Rechtssicherheit für Arbeitnehmer: Das Urteil stärkt die Position befristet beschäftigter Arbeitnehmer, indem es sicherstellt, dass sie nicht während der gesamten Vertragslaufzeit ohne Kündigungsschutz bleiben.

Praxistipp für Arbeitgeber

Arbeitgeber sollten ihre Vertragsvorlagen überprüfen und anpassen, um den Anforderungen des BAG-Urteils gerecht zu werden. Eine pauschale sechsmonatige Probezeit bei kurzfristigen Befristungen ist nicht zulässig. Stattdessen sollten Arbeitgeber die Dauer der Probezeit individuell an die Länge der Befristung anpassen, um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.

 

    • Artikel teilen: