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Auch ein Rechtsanwalt im Ruhestand braucht weiterhin das beA

von Syndikusrechtsanwalt Carsten Gondolatsch | 06.05.2025

Ein beA ist Pflicht: Auch wer als Anwalt nicht mehr aktiv tätig ist, muss erreichbar bleiben – oder die Zulassung zurückgeben!

Mit Urteil vom 14. Februar 2025 (Az. 1 AGH 43/24) hat der Anwaltsgerichtshof Nordrhein-Westfalen klargestellt: Auch ein Rechtsanwalt im Ruhestand ist verpflichtet, das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) zumindest passiv zu nutzen. Eine Ausnahme von dieser Pflicht sieht die Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) nicht vor.

Hintergrund des Verfahrens

Der Kläger, ein seit Jahrzehnten zugelassener, jedoch nicht mehr beruflich aktiver Rechtsanwalt, sah sich nicht verpflichtet, ein beA einzurichten oder zu betreiben. Er wies die Rechtsanwaltskammer ausdrücklich darauf hin, dass er für Rechtssuchende „nicht mehr erreichbar“ sei und dies auch nicht mehr wolle. Trotz mehrfacher Aufforderungen verweigerte er die Erstregistrierung des beA.

Daraufhin wurde ein Aufsichtsverfahren eingeleitet. Um sich der Pflicht zur Einrichtung eines beA zu entziehen, reichte der Kläger eine negative Feststellungsklage ein – zunächst in Papierform, später als handunterschriebene pdf-Datei über das beA eines Kollegen. Dieser machte jedoch unmissverständlich klar, den Inhalt nicht selbst zu verantworten.

Die Entscheidung des AGH NRW

Der Anwaltsgerichtshof wies die Klage bereits als unzulässig ab. Nach § 112c BRAO i.V.m. § 55a VwGO hätte die Klageschrift elektronisch über das eigene beA eingereicht werden müssen. Die Nutzung des beA eines Kollegen ohne Verantwortungsübernahme genügte den Anforderungen nicht. Auch eine handschriftliche Unterschrift auf einem eingereichten Scan reicht nicht aus, um die elektronische Form zu wahren.

Selbst wenn die Klage zulässig gewesen wäre, hätte sie in der Sache jedoch keinen Erfolg gehabt. Der AGH stellte unmissverständlich fest: Solange ein Rechtsanwalt seinen Titel führt, unterliegt er uneingeschränkt den berufsrechtlichen Verpflichtungen. Dies umfasst ausdrücklich die Pflicht zur Nutzung des beA nach § 31a Abs. 1 und Abs. 6 BRAO.

Eine gesetzliche Ausnahme für inaktive oder im Ruhestand befindliche Anwälte existiert nicht. Wer sich der Pflicht entziehen möchte, muss seine Zulassung zurückgeben und auf seinen Titel verzichten.

Fazit und Bedeutung für die Anwaltschaft

Die Entscheidung des AGH NRW verdeutlicht erneut die strikte Verpflichtung zur Nutzung des beA für alle zugelassenen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte – unabhängig von ihrer aktuellen Berufsausübung. Auch Anwälte im Ruhestand, die keine Mandate mehr übernehmen wollen, bleiben verpflichtet, ein funktionsfähiges beA vorzuhalten und eingehende Nachrichten zur Kenntnis zu nehmen.

Wer diese Pflicht nicht erfüllen möchte, hat nur eine Möglichkeit: die freiwillige Rückgabe seiner Zulassung. Ein Verbleib im Anwaltsverzeichnis ohne beA-Nutzung ist nicht möglich.

Die Anwaltschaft wird damit erneut zur sorgfältigen Einhaltung der elektronischen Kommunikation verpflichtet – im Interesse der Integrität des Berufsstandes und der Funktionsfähigkeit des elektronischen Rechtsverkehrs.

 

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