von RA Florian Jäckel | 25.10.2023
Die EU-Kommission will bis 2028 die europäische Umsatzsteuerrichtlinie umfassend reformieren und unter anderem eine digitale Umsatzsteuermeldepflicht einführen.
Das am 30. August vom Bundeskabinett beschlossene Wachstumschancengesetz öffnet der elektronischen Rechnung in Deutschland die Tür. Die Verpflichtung, künftig Leistungen zwischen inländischen Unternehmern in einem maschinenlesbaren Format abzurechnen, ist aber nur ein erster Schritt auf dem Weg zu einer europaweiten elektronischen Rechnung und Umsatzsteuermeldepflicht.
Bereits im Dezember 2022 veröffentlichte die europäische Kommission unter der Bezeichnung VIDA (VAT in the digital age) den Vorschlag einer umfassenden Reform des Umsatzsteuerregimes in der europäischen Union. Ziel ist die Angleichung der europäischen Umsatzsteuergesetzgebung mit dem Zweck, den grenzüberschreitenden Verkehr von Waren und Dienstleistungen weiter zu vereinfachen und dabei den Umsatzsteuerbetrug zu unterbinden.
Kern der Reform ist die Änderung der RL 2006/112/EG (MwStSystRL), welche zum 1. Januar 2028 in Kraft treten soll. Darin sind die Einführung der elektronischen Rechnung und die Einführung digitaler Umsatzsteuermeldepflichten für alle innergemeinschaftlichen Transaktionen zwischen Unternehmern sowie die Einführung einer einzigen Umsatzsteuerregistrierung innerhalb der EU vorgesehen.
Schon jetzt ist in zahlreichen europäischen Mitgliedsstaaten nicht nur die elektronische Rechnungslegung, sondern auch die digitale Umsatzsteuermeldepflicht gang und gäbe. Allein Deutschland, Schweden und die Benelux-Staaten haben noch kein System eingeführt oder zumindest beschlossen. Die verschiedenen Modelle reichen dabei von einer Übermittlung eines Monatsberichts über die Vorlage von Rechnungen in Echtzeit oder die Übermittlung von Rechnungsdaten in Echtzeit bis hin zur Vorlage von Steuer-, Buchführungs- und Umsatzsteueraufzeichnungen.
Für welches der Umsatzsteuermeldepflicht-Modelle sich Deutschland am Ende entscheiden wird, ist derzeit noch unklar – schon jetzt zeichnet sich aber ab, dass die Finanzbehörden in einem weitaus größeren Umfang als bisher Zugriff auf Rechnungen auch aus der Anwaltschaft erlangen werden. Die in einer Rechnung verpflichtenden Angaben des Leistungsempfängers bzw. Mandanten sowie der Leistung könnten der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht unterfallen. Wie an dieser Stelle sichergestellt werden soll, dass nicht mit jeder Umsatzsteuermitteilung routinemäßig gegen die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht verstoßen wird, steht noch in den Sternen.