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Digitale Lohnabrechnung rechtssicher gestalten – BAG schafft Klarheit

von Syndikusrechtsanwalt Carsten Gondolatsch | 19.06.2025

Digitale Lohnabrechnung ist zulässig – das BAG erlaubt die Bereitstellung im Mitarbeiterportal. Papierform ist nicht mehr zwingend erforderlich.

Die Digitalisierung der Arbeitswelt schreitet kontinuierlich voran – auch im Bereich der Entgeltabrechnungen. Arbeitgeber stellen zunehmend auf papierlose Prozesse um und bedienen sich digitaler Mitarbeiterportale zur Bereitstellung von Lohnabrechnungen. Ob diese Praxis rechtlich zulässig ist, war bislang umstritten. Mit seinem Urteil vom 28. Januar 2025 (Az. 9 AZR 48/24) hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) nun Klarheit geschaffen.

Digitale Lohnabrechnung als zulässige Form der Erfüllung

Nach § 108 Abs. 1 Gewerbeordnung (GewO) besteht die Verpflichtung des Arbeitgebers, bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Das BAG stellt nun klar: Diese Verpflichtung kann durch die Einstellung der Abrechnung in ein digitales, passwortgeschütztes Mitarbeiterpostfach erfüllt werden – vorausgesetzt, die technischen und datenschutzrechtlichen Anforderungen werden eingehalten.

Entgegen der Auffassung einiger Instanzgerichte ist kein Zugang im Sinne des § 130 Abs. 1 BGB erforderlich. Es handelt sich bei der Lohnabrechnung nicht um eine empfangsbedürftige Willenserklärung, sondern um eine sogenannte Wissenserklärung. Daher genügt es, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Möglichkeit verschafft, die Abrechnung digital abzurufen. Dies ist bei einem individuell zugänglichen Online-Portal mit dauerhaftem Datenträgercharakter regelmäßig gegeben.

Mitbestimmung des Betriebsrats

Unverzichtbar bleibt die ordnungsgemäße Beteiligung des (Konzern-)Betriebsrats gem. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG. Das digitale Mitarbeiterpostfach ist als technische Einrichtung zur Verhaltens- und Leistungskontrolle mitbestimmungspflichtig. Arbeitgeber müssen daher sicherstellen, dass die Einführung auf einer wirksam geschlossenen Betriebsvereinbarung beruht und innerhalb der gesetzlichen Zuständigkeiten erfolgt.

Datenschutzrechtlich unbedenklich

Das Gericht bestätigt ferner die grundsätzliche datenschutzrechtliche Zulässigkeit der digitalen Abrechnung. Sofern ein externer Anbieter als Auftragsverarbeiter eingebunden wird und die Regelungen des Art. 28 DSGVO eingehalten werden, bestehen keine rechtlichen Bedenken. Wichtig ist: Es dürfen keine zusätzlichen Leistungs- oder Verhaltensdaten erhoben oder ausgewertet werden.

Praktische Umsetzung und Grenzen

Arbeitgeber sind verpflichtet, auch Arbeitnehmern ohne privaten Internetzugang die Einsichtnahme und ggf. den Ausdruck der Abrechnung zu ermöglichen. Eine Verpflichtung zur privaten Beschaffung technischer Infrastruktur besteht nicht. Diese Pflicht zur Ausweichmöglichkeit stellt sicher, dass die Maßnahme verhältnismäßig bleibt und auch sozialrechtliche Belange berücksichtigt werden.

Fazit

Das BAG stärkt mit diesem Urteil die Digitalisierung im Arbeitsrecht. Unternehmen erhalten Rechtssicherheit bei der Einführung digitaler Abrechnungssysteme, sofern die Mitbestimmung des Betriebsrats erfolgt, Datenschutzstandards eingehalten und die Zugangsmöglichkeiten für alle Beschäftigten sichergestellt sind. Arbeitnehmer hingegen müssen sich darauf einstellen, dass der Anspruch auf „Papierform“ der Vergangenheit angehört – sofern die digitalen Voraussetzungen stimmen.

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