von Raphael Szkola | 25.09.2024
Der BGH hat die Zulässigkeit von Zeithonorarvereinbarungen im anwaltlichen Bereich gestärkt und Anforderungen an die Transparenz solcher Klauseln formuliert.
Mit Urteil vom 12. September 2024 (Az. IX ZR 65/23) hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Zulässigkeit von Zeithonorarvereinbarungen im Anwaltsbereich bekräftigt und dabei klare Leitlinien für deren Transparenz und Angemessenheit festgelegt. Anwälte können weiterhin auf Zeithonorarmodelle setzen, sofern diese transparent und für Mandanten nachvollziehbar gestaltet sind. Dies bietet Kanzleien die Möglichkeit, individuelle Vergütungsvereinbarungen abzuschließen, ohne auf die strikte Gebührenordnung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) angewiesen zu sein.
Im vorliegenden Fall ging es um die Vergütung eines Anwalts, der seine Leistungen auf Grundlage eines Stundensatzes von 245 bis 255 Euro abgerechnet hatte. Die Klauseln sahen zudem eine stufenweise Erhöhung des Stundensatzes vor, abhängig vom Streitwert. Der BGH betonte, dass es Anwälten nicht verwehrt ist, solche Honorarmodelle anzuwenden. Auch der Umstand, dass Mandanten vor Vertragsschluss nicht die exakte Höhe der Gesamtvergütung abschätzen können, führt nicht automatisch zur Unwirksamkeit. Allerdings betonte der Senat, dass solche Klauseln den Anforderungen des § 307 BGB entsprechen müssen, um eine unangemessene Benachteiligung des Mandanten zu vermeiden. Dabei gilt, dass der Anwalt verpflichtet ist, seinen Zeitaufwand konkret darzulegen und regelmäßig abzurechnen, um die Überprüfbarkeit sicherzustellen. In seiner Urteilsbegründung hob der BGH hervor:
"[D]ie vom Kläger vorformulierte Vereinbarung über ein Zeithonorar mit einem ihm geschuldeten Stundensatz von 245 €/h oder 255 €/h […] [ist] für sich genommen nicht schon deshalb unwirksam, weil sie durch Allgemeine Geschäftsbedingungen erfolgt ist." BGH, Urt. v. 12.09.2024 – Az. IX ZR 65/23, Rz. 10.
Relevant in diesem Zusammenhang ist auch die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 12. Januar 2023 (Rs. C-395/21), die sich ebenfalls mit der Transparenz von Zeithonorarklauseln befasst hatte. Der EuGH entschied, dass solche Klauseln den Transparenzanforderungen der europäischen Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen genügen müssen. Demnach muss der Mandant vor Vertragsschluss ausreichende Informationen erhalten, um die wirtschaftlichen Folgen abschätzen zu können.
Der BGH nahm in seinem Urteil explizit Bezug auf diese EuGH-Entscheidung und stellte klar, dass die deutschen AGB-rechtlichen Vorgaben im Sinne der europarechtlichen Richtlinie ausgelegt werden müssen:
"Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 12. Januar 2023 […] gibt dem Senat keine Veranlassung, von dieser Rechtsprechung abzurücken."BGH, Urt. v. 12.09.2024 – Az. IX ZR 65/23, Rz. 17.
Damit bleibt es dabei, dass Zeithonorarklauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen zwar besonderen Transparenzanforderungen unterliegen, aber grundsätzlich eine wirksame und faire Vergütungsform für Anwälte darstellen können, wenn die Vorgaben beachtet werden.
Im konkreten Fall bestand die Klausel vor dem BGH nicht, eine generelle Unzulässigkeit wurde dennoch nicht ausgesprochen. Daher stärkt dieses Urteil die Position der Anwaltschaft im Ergebnis, da es klarstellt, dass flexible Honorarvereinbarungen grundsätzlich zulässig sind, solange sie fair und nachvollziehbar sind. Es gibt Kanzleien damit die Möglichkeit, auch weiterhin stundenbasierte Abrechnungen durchzuführen, ohne dass diese grundsätzlich in Frage gestellt werden.
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